K.I.Z: So viel Hass steckt in "Rap über Hass"

K.I.Z sind auf ihrem neuen Album ehrlich: Sie bringen "F*ck-deine-Mutter-Rap seit 20 Jahren". Doch wie viel Hass transportiert eigentlich "Rap über Hass"? Um das herauszufinden, sind wir die Songs einzeln durchgegangen und haben jeweils auf streng unwissenschaftlicher Basis einen Hassquotienten erstellt. Wo trieft die Gewalt aus den Lyrics von Tarek, Nico und Maxim, welche konkreten Personen geraten in die Schusslinie und häufen sich irgendwo die Schimpfworte? Let's hate!

"Rap über Hass": Wie K.I.Z auf ihrem neuen Album hassen

Ingesamt zwölf Tracks schickt die Rapformation fast sechs Jahre nach "Hurra die Welt geht unter" ins Rennen. Hier siehst du, wo sie sich von ihrer besonders hasserfüllten Seite zeigen.

Rap über Hass [Hassquotient: 8,0]

Der Titeltrack des Albums geht direkt in die Vollen. Nach dem Intro eines AfD-Politikers, der K.I.Z als "gewaltverherrlichend", "deutschfeindlich" und "christenfeindlich" begreift, brettert Tarek los. Den Säugling gibt es medium rare gebraten, die eigene Tinder-Bio enthüllt die Lust am Morden, ganze Familienstränge werden ausgelöscht. Die "Hassmaske" sitzt fester denn je. Maxim schont auch sich selbst nicht. Der Tod durch die Guillotine ist zum Glück nur halb so problematisch – es wachsen schließlich neue Köpfe nach. Nico ist ebenso auf einem selbstzerstörerischen Trip und gönnt sich Zyankali-Kapseln. Jeder kann hier draufgehen. [Gewalt-Score: 10/10]

Der Kopf von Bild-Chef Julian Reichelt steht auf der Besorgungs-Liste. Heidi Klum kommt als Person vor, welche die "Kids kaputtmacht". CDU-Politiker Friedrich Merz gerät ebenfalls unter die Räder. Bleibt noch die italianische Schauspielikone Sophia Loren, die sich durch ihre Filmrolle in "Und dennoch leben sie" für einen Wie-Vergleich qualifiziert, bei dem Nazis gef*ckt werden. [Promiverschleiß: 9/10]

Beleidigungen und Schimpfworte enthält der Song fast keine. Die Vortragsweise versprüht jedoch ein hohes Aggressionspotenzial. [Pöbelfaktor: 5/10]

Ich f*cke euch (alle) [Hassquotient: 6,0]

Hier ist das F*cken oft konkret gemeint. Inzest steht zum Beispiel auf dem Programm. Einen Flugzeugabsturz beklatscht Maxim hämisch. Tarek lässt jegliche Rücksicht vermissen. "Bis du Matsch bist", prügelt er auf sein Opfer ein. Auch ein Ringrichter kann ihn nicht bremsen. Zwischendurch schlachtet er einen Schwan und versenkt eine Kerze in einer Bullenleiche. Nico löst seine Probleme mit Sex und übertritt dabei höchstens moralische Grenzen. [Gewalt-Score: 8/10]

Eine Anspielung auf das Aussehen des französischen Autors Michelle Houellebecq und die stählernen Muskeln von Bender aus der Zeichentrickserie "Futuruma" machen "Ich f*cke euch (alle)" zu einer Single, ohne größeres Namedropping. [Promiverschleiß: 3/10]

Der von K.I.Z schon oft besungene "H*rensohn" taucht auf. Mit "Strichertochter" wird der Spieß außerdem einmal umgedreht. Auch auf "M*ssgeburten" beruft sich Tarek in seiner Strophe. Maxims Texte sollen die Hörer*innen zudem in Caps Lock wahrnehmen. [Pöbelfaktor: 7/10]

VIP in der Psychiatrie [Hassquotient: 7,0]

Bei diesem Track sticht das K in K.I.Z hervor. Die Kannibalen in Zivil haben in Person von Tarek ordentlich Appetit mitgebracht. Nach der Schlachtung eines Schafes unterbreitet der nubische Prinz, wie er zur Jahreswende an ein Gulasch aus Fingern gelangt, eigenhändig sein Bein amputiert, sich in einem kopflosen Rumpf entleert und schließlich eine Leiche zersägt. An dieses enorme Gewaltlevel reichen die anderen beiden K.I.Z-Männer nicht heran. Reicht aber auch so für die Höchstwertung. [Gewaltscore: 10/10]

Mike Tyson, Gysi, Stalin, Christoph Waltz, Heath Ledger – für amüsante Lines ziehen die Berliner allerhand Persönlichkeiten der Zeitgeschichte heran. Angegangen wird dabei keiner von ihnen. [Promiverschleiß: 4/10]

Tarek bezeichnet sich selbst als "gottloser Hund" und versenkt seine eigene Zunge tief in einer "Schwulenfresse", um offenbar Homophobie ins Lächerliche zu ziehen. Außer einem weiteren wohl betonten "H*rensohn" geben die Parts keine wilden Beleidigungen preis. Die gebrüllte Hook von Stunna666 kickt jedoch ordentlich. [Pöbelfaktor: 7/10]

Unterf*ckt und geistig behindert [Hassquotient: 3,0]

Nach den brachialen ersten drei Songs gleiten K.I.Z in eine Albumphase mit reichlich sexuellen Inhalten über. Bei "Unterf*ckt und geistig behindert" ist das drin, was draufsteht. Die Beastie Boys hätten wohl auch nicht gedacht, was man 2021 noch aus "Intergalactic" rausholen kann. Aber zur Gewalt: Nico würde zwar für einen Bl*wjob töten, aber explizite Mordschilderungen bleiben aus. Die drei Protagonisten sind hauptsächlich geil und am Ende des Tracks auf Drogen. [Gewaltscore: 3/10]

Mit der Einbettung von Günther Jauch, Christian Bale und Eminem greifen K.I.Z wieder ins oberste Regal der Unterhaltsbranche. Der "Wer wird Millionär"-Moderator wird dabei von Maxim angeschrien. [Promiverschleiß: 4/10]

Auch bei den Beleidigungen hält es sich in Grenzen. Maxim rutscht mal ein "Hohlkopp" raus. [Pöbelfaktor: 2/10]

Bitte sag's nicht meiner Freundin [Hassquotient: 3,0]

Auf "Bitte sag's nicht meiner Freundin" lassen sich die Berliner weiter von ihren Gliedern leiten. Sie inszenieren sich als unwiderstehliche Typen mit einer ausgeprägten Libido. Gewalt zero – hier geschieht nichts ungewollt. [Gewaltscore: 0/10]

Außer der Zuschreibung "dreckiges Flittchen" und ein finales "H*rensohn" gibt es nicht zu entdecken, was als Beleidigung durchginge. [Pöbelfaktor: 4/10]

Dafür verbergen sich Kanye West, Malcom X, Mozart, Henning May, Madonna und And.Ypsilon in den Lyrics. Aus Nicos Sicht besticht der Fanta-Vier-Producer durch seine Attraktivität – wie glaubwürdig so eine Einschätzung ist, bleibt offen. [Promiverschleiß: 5/10]

2 Nicos [Hassquotient: 4,7]

Das skitartige "2 Nicos" rollte Nico K.I.Z den roten Teppich aus. Er hält den "Staatsanwalt im Schwitzkasten". Bei einem Bad-Hair-Day würde er aushelfen und den Schädel abschlagen. Auch dass ein Kind stirbt, nimmt er in Kauf, solange das Auto prunkvoll vergoldet durch die Straßen rollt. In Anbetracht der überschaubaren Spielzeit bietet der Solotrack recht viel konzentrierte Gewalt. Die Anspielung auf 50 Cents "I'll Whip Ya Head Boy" rundet dieses Bild ab. [Gewaltscore: 8/10]

Von übermäßigen Beleidigungen sieht Nico ab. [Pöbelfaktor: 1/10]

Um Cro in ein schlechtes Licht zu rücken, präsentiert Nico mit Pandamaske auf dem Gesicht seinen kleinen Penis. Er ist ein bisschen neidisch auf das Bali-Life seines Kollegen. [Promiverschleiß: 5/10]

Definition von Glück [Hassquotient: 0,7]

Das vermeintliche Glück besteht bei K.I.Z aus Abgeschiedenheit und Suff irgendwo in einem Luxusdomizil. Bei diesen Egofilmen fallen Gewaltexzesse aus. Die Pulsadern werden einmal geöffnet, um über einen gescheiterten Suizidversuch schreiben zu können. [Gewaltscore: 2/10]

Befreit von Termindruck gibt es keine Schimpftiraden. [Pöbelfaktor: 0/10]

Auch auf Namedropping verzichtet der Songs. Die popkulturellen Anspielungen sind subtiler. In der Hook ist es beispielsweise ein Zitat des Showmasters Harald Juhnke. [Promiverschleiß: 0/10]

Ja [Hassquotient: 1,3]

Auf "Ja" besuchen Maxim und Nico eine Party. Die beiden treiben es offenbar ein bisschen zu wild. Die Polizei rückt an. Dennoch ist der Song vergleichsweise harmlos. [Gewalt-Score: 2/10]

Auf dem Feld der Beleidigungen gibt es auch kaum etwas bemerkenswertes festzustellen. [Pöbelfaktor: 2/10]

Nico, Maxim und eine Person am Telefon quatschen sich durch den Song. [Promiverschleiß: 0/10]

Mehr als nur ein Fan [Hassquotient: 1,3]

Die letzte Videosingle "Mehr als nur ein Fan" ist ebenfalls alles andere als hassgetränkt. Die Boys "machen all eure Fanfictions wahr" und lesen ihren Anhänger*innen vermeintlich jeden Wunsch von den Lippen ab. Diese übermäßige Nähe entspricht selbstredend nicht der Wirklichkeit. [Gewalt-Score: 1/10]

Kraftausdrücke gibt es – wenn man von einem kurzfristig organisierten "T*ttenf*ck" absieht – keine zu hören. [Pöbelfaktor: 2/10]

Kraftklub geraten kurz in den Fokus. [Promiverschleiß: 1/10]

Filmriss [Hassquotient: 3,7]

"Filmriss" schaltet wieder ein paar Gänge hoch. Niemand Geringeres als Aggro-Berlin-Legende Tony D brüllt sich zusammen mit Tarek ins Gedächtnis der Raphörerschaft zurück. Reizgas im Gesicht, verlorene Zähne, Blut – hier geht es Richtung Totalschaden. Bei Stress zieht Tarek sein Klappmesser und so ein Kopf muss schon mal als Fußball herhalten. Wenn es drauf ankommt, boxt dich Tarek zudem "zurück nach Stuttgart". Geballte Wut im Pegelsuff. [Gewalt-Score: 9/10]

Gegenüber der Umwelt halten die beiden Protagonisten den Ball zumindest auf verbaler Ebene eher flach. Der Türsteher bekommt das Prädikat "Hampelmann" verpasst. [Pöbelfaktor: 2/10]

So eine exzessive Nacht lässt keinen Platz für Promis. [Promiverschleiß: 0/10]

Was ist los [Hassquotient: 5,3]

Maxim fragt nach Feuer für seinen Molotowcocktail, hat einen Kopfschuss erlitten und "rennt aus 'ner brennenden Bullenwache". Von Tarek erfahren wir, dass sein Zwillingsbruder Marek auf die Kraft von Kinderblut setzt. Er selbst entscheidet sich, wahllos das Feuer in einer Menschenmenge zu eröffnen. [Gewaltscore: 7/10]

Nico will nichts mit der Polizei zu tun haben. Sein Statement: "F*ck die Cops". [Pöbelfaktor: 3/10]

Lil Wayne, Breschnew, Honecker: West und Ost fallen hier textlich zusammen. Im Deutsch-Englisch-Gemisch von Outterspass kommen noch R. Kelly und Kanye West vor – jeweils in einem wenig schmeichelhaften Kontext. [Promiverschleiß: 6/10]

Kinderkram [Hassquotient: 3,3]

Auf dem wohl unironischten Track "Kinderkam" reflektieren K.I.Z ihre Legacy. Das Konzept der Band ist unverwüstlich: "Pogo und Vеrletzte". [Gewaltscore: 3/10]

Was diesen Track angeht, dürfte ein größerer Shitstorm ausbleiben. Tarek wird's packen und die Schimpfwortkasse klingelt.

"Wenn ich es dieses Mal durch den Shitstorm schaffe / Leg' ich ein'n Tausender in die Schimpfwortkasse"

In der Bridge gibt es nochmal ein paar ikonische Mutterlines aus dem K.I.Z-Kosmos. [Pöbelfaktor: 4/10]

Der Ausklang des Albums ist vor allem selbstreferenziell. Staiger kriegt Props und K.I.Z rappen über K.I.Z. [Promiverschleiß: 3/10]

Fazit: So viel Hass steckt in "Rap über Hass"

Hass und Wut haben sich vor allem zu Beginn des Albums hörbar aufgestaut. Dort brechen direkt alle Dämme: Provokationen in fast jeder Zeile, keine moralische Tabus, alles ist erlaubt. Daran schließt eine eher relaxte Phase an. Hier werden dann überwiegend Mütter gef*ckt und die absurdesten Szenarien aufgemacht.

Der Hass-Train nimmt mit "Filmriss" und "Was ist los" noch einmal Fahrt auf. Die ersten Tracks haben die Messlatte aber derart hochgelegt, dass auch ein Auftritt von Tony D zu keinem neuen Peak führt. Zum Ende schlagen Tarek, Maxim und Nico regelrecht nostalgische Töne an. Alles in allem lässt "Rap über Hass" den blanken Hass aus ein paar ausgewählten Tracks dröhnen. Das drückt das Gesamtergebnis nach unten. Im Schnitt liegt der Hassquotient bei 3,9. Auch beim Mütterf*cken geht es ja letztendlich irgendwie eher um Liebe als um Hass.

Ein Hass-Ranking der Tracks von "Rap über Hass" bekommst du hier:
    1. Rap über Hass – [Hassquotient: 8,0]
    2. VIP in der Psychiatrie – [Hassquotient: 7,0]
    3. Ich f*cke euch (alle) – [Hassquotient: 6,0]
    4. Was ist los – [Hassquotient: 5,3]
    5. 2 Nicos – [Hassquotient: 4,7]
    6. Filmriss – [Hassquotient: 3,7]
    7. Kinderkram – [Hassquotient: 3,3]
    8. Bitte sag's nicht meiner Freundin – [Hassquotient: 3,0]
    9. Unterf*ckt und geistig behindert – [Hassquotient: 3,0]
    10. Ja – [Hassquotient: 1,3]
    11. Mehr als nur ein Fan – [Hassquotient: 1,3]
    12. Definition von Glück –[Hassquotient: 0,7]

(Disclaimer: K.I.Z machen Rap, der mit extremen Übertreibungen arbeitet. Der Autor dieses Artikels befürwortet weder Hass noch Gewalt, sondern setzt sich auf einer humorvollen Ebene mit einem Album auseinander, das über Humor funktioniert.)

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