Die "Prinzessin der Hood": Wer ist Ice Spice?
Ice Spice

Wenn man viel Zeit im Internet verbringt, ist man in den letzten sechs Monaten wohl kaum um den Namen Ice Spice herumgekommen. Selten hat es ein Rap-Act geschafft, sich in so einer kurzen Zeit in den Blick des Mainstreams zu katapultieren. Sei es ihre Musik, die im Hintergrund von Lip Sync-TikToks läuft, Lyrics, die in Insta-Captions landen oder Interviews, die für Meme-Potenzial sorgen: Ice Spice ist im Moment überall (unter anderem auch als Babysitterin für die Tochter von Kim Kardashian und Kanye West). Doch für alle anderen, die sie nicht auf dem Schirm haben und sich jetzt die Fragen stellen "Muss man die kennen??": Die Antwort lautet "Ja". Und für alle, die sie kennenlernen möchten, folgt nun ein Porträt der New Yorkerin.

Aus der Bronx in die TikTok-Charts: Die Anfänge von Ice Spice

Ice Spice, mit richtigem Namen Isis Gaston, wurde am 1. Januar 2000 in der Bronx in New York als Kind von dominikanisch-afroamerikanischen Eltern geboren. Ihr Künstlername Ice Spice erfand sie als Teenager für ihren privaten Instagramaccount, wie sie im Interview mit Billboard erklärt.  Als Kind eines Underground Rapper-Vaters kam sie früh mit Hiphop und RnB in Kontakt, allen voran natürlich auch Rap-Acts aus New York: Lil' Kim, Nicki Minaj, Jay-Z, 50 Cent, Remy Ma und mehr.

Vor der Musik und dem Internet-Ruhm studierte sie Kommunikationswissenschaften an der State University of New York at Purchase (kurz SUNY Purchase). Da viele ihrer Uni-Freund*innen künstlerische Fächer studierten, kam sie auch früh mit Producern in Kontakt. Darunter ihr Produzent und Manager RIOTUSA, mit dem ihre gemeinsame Reise als Rap-Sternchen begann. Ihre ersten 15-minutes of fame erlangte sie aber nicht durch Musik, sondern durch ein  viral geganges TikTok-Video zur damaligen "Buss It"-Challenge Anfang 2021.

Die Viralität nutzten sie und RIOTUSA für den Release ihres ersten Songs "Bully Freestyle" aus. Schon mit "Bully Freestyle" tauchten sie in den Sound des New York-Drill ein. Ihren ersten Kontakt mit New York-Drill hatte sie 2019 durch die Musik von Pop Smoke, Sleepy Hollow und Sheff G. Davor kannte sie zwar schon Drill aus Chicago und UK (sie ist unter anderem auch großer Fan von Central Cee), aber die Rawness des Bronx-Sounds habe sie am meisten inspiriert, wie sie im Interview mit NME erzählt.

Ice Spice macht keinen Hehl aus der Zeit, in der sie aufwuchs. Nach "Bully Freestyle" folgten unter anderem "No Clarity" und "Name of Love", in denen sie die 2010er-EDM-Classics "Clarity" von Zedd und "In the Name of Love" von Martin Garrix samplet. "Name of Love" schaffte es auf SoundCloud und Instagram zu einer kleinen Berühmtheit, die auch einem großen Maintstream-Rapper nicht entgangen ist: 

Von "Munch" zu "In Ha Mood" und PinkPantheress-Kollabo: Ice Spice Weg zum Ruhm

Die wirklich virale Geschichte beginnt dann im August 2022. Drake schrieb Ice Spice auf Instagram, dass er ein Fan ihrer Musik ist und flog sie und Riot zu seinem jährlichen OVO Fest in Toronto. Im Gespräch mit der New York Times spricht ihr Producer Riot über ihre über diese verrückte, einmalige Chance:

"Zu dem Zeitpunkt des Trips hatte ich wahrscheinlich nur so 200 Dollar. Es hat sich so angefühlt, als würde ich in ein neues Leben fliegen."

Ein paar Tage nach dem OVO Fest droppte sie den Song "Munch (Feelin' U)" plus Musikvideo, welchen Drake auch in seiner Radio-Show bei Sirius XM abspielte. Der Track und das Video gingen sofort viral und wurden unter anderem Gegenstand vieler Memes. Der Song prägte den Begriff "Munch" (eine Person, die verrückt nach einem ist) und sorgte für Ice Spice' erstes Aufkommen im Mainstream.

Ihre Looks wurde sofort ikonisch: ihre (meist) orangen Locken und selbstbewussten Y2K-Outfits sorgten direkt für unverkennbaren Wiedererkennungswert. So sehr, dass NLE Choppa bereits einen Song nach ihr benannt hat und sich auch "Call Me By Your Name"-Rapper Lil Nas X zu Halloween einfach als Ice Spice verkleidet hatte. Es folgten der Spongebob-inspirierte Song "Bikini Bottom" und das Jerysey Club-Drill Mashup "In Ha Mood", die beide schnell zu direkten Internet-Hits mutierten. Natürlich auch wieder bei Tiktok.

Der Grund für die Viralität versteckt sich in den Lyrics: Für diese lässt sich Ice Spice häufig von für Social Media-Captions typischen One-Liner inspirieren, was zu einer Eingängigkeit ihrer Songs führt. Ihre Lyrics werden wiederum selbst zu Captions unter Instagram-Fotos und TikTok-Videos. Ein sich immer neu schaffender Kreis von Social Media-Viralität. 

Der Inhalt ihrer Texte besteht im Gegensatz zu den gängigen Drill-Songs nicht aus (meist) Gewalt und Kriminalität. Ice Spice rappt auf melodischeren Beats über Beziehungen, Liebe, Party und Sex, weshalb sie ihren Sound selbst als "Pop Drill" beschreibt. Sicherlich auch einer der Gründe für ihre immer weiter steigende Bekanntheit, die auch bei anderen Artists nicht ungesehen geblieben ist. Ihr New Yorker-Kollege Lil Tjay unterstützte sie bei dem Drill-Love-Song "Gangsta Boo", wurde aber auf dem Weg zum Videodreh verhaftet. Fun Fact: Stattdessen wurde einfach das Video zu "In Ha Mood" gedreht.

Die britische Garage Pop- und DnB-Musikerin PinkPantheress holte sie Anfang Februar auf den Remix ihres Songs "Boy's a Liar". Dank der Kollaboration holten sich sowohl Ice Spice als auch PinkPantheress mit "Boy's a Liar Pt. 2" die erste Top 10-Platzierung in den US- und UK-Charts ein, wo sie auf Platz 4 beziehungsweise sogar Platz 3 landeten. Damit ist der Song schon innerhalb weniger Wochen der meist-gehörte Ice Spice-Track geworden. Alleine auf Spotify zählt der Song Stand jetzt knapp 175 Millionen Streams, das dazugehörige Video sammelte bereits über 50 Millionen Klicks auf YouTube (wo es sich eine Woche auf Platz 1 der Musikvideo-Trends befand und immer noch in den Top 20 ist) - Tendenz weiterhin steigend.

Ihr Erfolg brachte sie dann schließlich auf einer der größtmöglichen Bühnen überhaupt: das Rolling Loud-Festival in Kalifornien war stand jetzt ihr erster großer Auftritt überhaupt.

Man könnte noch so vieles über die Princess Diana der Bronx sagen. Dabei hat ihr Weg gerade erst angefangen. Aber ob man will oder nicht: Ice Spice ist mit nur wenigen Songs und einer EP im Mainstream angekommen. Das spiegelt auch ihre Aspirationen wider: Sie möchte "Diamant-Platten und Grammys" und für dieses Ziel irgendwann das Sub-Genre Drill übertreffen, wie sie im NY Times-Interview angibt. Mit "Boy's a Liar Part 2" wäre ihr erster Schritt außerhalb des Drills getan. Sie selbst habe privat schon "Detroit, Trap und Hyperpop"-Type Beats ausprobiert und habe auch Interesse an Latin Music, da sie fließend Spanisch spricht. Aber auch im Bereich des Drills bahnt sich weiterhin Erfolg an: Dank eines Instagram-Posts von Central Cee, der seine und Ice Spice' Kette zeigt, halten sich die Spekulationen um einen möglichen gemeinsamen Song groß.

Wie die Karriere ihrer Vorgängerinnen wird Ice Spice noch lange im Gespräch bleiben und dies nicht der letzte Artikel sein, den wir über die US-Newcomerin der letzten Zeit schreiben werden. Denn wenn Nicki Minaj Hiphop's Barbie ist, ist Ice Spice Rap's Bratz.

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