Elif vs. Mathea: So war der Red Bull Soundclash 2024 in Wien

Am vergangenen Samstag hat der diesjährige Red Bull SoundClash vor mehr als 2.000 Menschen in der Wiener Marx-Halle stattgefunden – zum mittlerweile zweiten Mal in Österreich, dafür jedoch zum allerersten Mal mit zwei weiblichen Hauptacts. Elif und Mathea sind in den verschiedensten Disziplinen gegeneinander angetreten und haben sich einen erbitterten Kampf auf musikalischer Ebene geliefert. Wir waren live vor Ort, haben Eindrücke vom Event gesammelt und im Anschluss mit den beiden Künstlerinnen über den Abend gesprochen.

Der Red Bull SoundClash 2024: Elif und Mathea treten gegeneinander an

Nur wenige Minuten nach dem angepeilten Event-Beginn um 20:30 Uhr eröffnet Moderatorin Lola Weippert die Show. Sie wird an der Seite von DJ Anna Ullrich durch den Abend führen und das Publikum, das beim SoundClash ausschlaggebend für das Endergebnis ist, zu ihrer Stimmung befragen. Das sogenannte "Applausometer" misst bekanntermaßen die Lautstärke der Crowd – und damit auch gleichzeitig, welche Künstlerin Punkte absahnt.

Bevor es mit den insgesamt vier Runden losgeht, dürfen Mathea und Elif auf ihren gegenüberliegenden Bühnen aber ein kleines Warm Up-Set spielen. Grob geschätzt sind etwas mehr Leute der Stage von Mathea zugewandt. Erklären lässt sich das wohl durch den kleinen Heimvorteil, den sie als geborene Österreicherin mitbringt. Ob der einen Einfluss auf das finale Ergebnis haben wird, bleibt abzuwarten!

Mit einem spektakulären Opening setzt Mathea die Messlatte schon von Sekunde Eins an sehr hoch: Der Bass dröhnt, die Pyro-Effekte heizen dem Publikum ein, der kreisrunde Vorhang, hinter dem sie zu Beginn performt, fällt im Takt zu ihrem ersten Song "Chaos". Bei "Wenn du mich vermisst" holt sie mit Fourty noch vor der ersten richtigen Runde einen ihrer Support-Künstler auf die Bühne. Wie bei jedem SoundClash haben beide Seiten davon einige für den Abend mitgebracht. Nach ihrer Performance von "Du + ich" übergibt sie an Elif.

Und Elifs Auftritt ist nicht weniger bühnenwirksam. Direkt fällt auf: Songs wie "Schwarz" oder "Bomberjacke" haben im Vergleich zur Studioversion einen deutlich - und wir meinen deutlich - gitarrenlastigeren, rockigen Touch. Ihr Bühnenbild profitiert außerdem von einem Laufsteg, der ins Publikum hineinreicht. Der eignet sich besonders gut für ihren balladenhaften Abschluss, mit dem die Aufwärmrunde (genau wie der Songtitel es nahelegt) "Zu Ende" geht.

Die erste Runde beginnt!

Hate it or Love it: DJ Ötzi und Nik P. haben deutschsprachiges Kulturgut erschaffen, als sie damals ins Studio gefahren sind, um "Ein Stern (der deinen Namen trägt)" zu recorden. Vierzehn Jahre später steht der Song im Zentrum der ersten Runde des Red Bull SoundClashs von Elif und Mathea. Bei "The Cover", so der treffende Titel des ersten Battles, müssen beide Seiten den Ötzi-Classic auf ihre eigene Art und Weise neu interpretieren.

Elif legt mit einer schnellen Dance-Version vor und schießt den Stern, den DJ Ötzi im Original verschenken will, in ihrer textlichen Abwandlung einfach ab. Matheas Interpretation klingt dagegen deutlich mehr nach Hiphop – nicht zuletzt, weil sie sich lyrisch auch bedeutend angriffslustiger zeigt. So besingt sie keinen Stern, der "über unsere Liebe wacht", sondern eben einen, der "über Elifs Lieder lacht".

Das Publikum zeigt sich aber etwas überzeugter von Elif, die hier ihren ersten Punkt holen kann. Und weil es so schön war, kommt niemand Geringeres als DJ Ötzi himself auf die Stage in der Mitte der Crowd und erinnert alle daran, wie der Song im Original zu klingen hat. Seine ikonische, weiße Mütze landet am Ende sogar im Publikum. Den Ticketpreis hat der oder die Glückliche damit schon mal wieder drin.

Direkt im Anschluss geht es mit der nächsten Runde namens "The Takeover" weiter. Das Prinzip ist schnell erklärt: Die eine Künstlerin performt einen ihrer Songs, nach der Hälfte übernimmt jedoch die Kontrahentin, die den Track mit ihrem eigenen Touch versieht.

Mathea verlässt sich in dieser Disziplin auf Anspielungen auf legendäre Deutschrap-Lines – dafür ist Elif diesmal diejenige, die einen frecheren Ton an den Tag legt. Mit ihrem Zahnschmuck würde Mathea ihre Karies verstecken, ihre Frisur habe Elif schon 2020 gerockt. Außerdem fragt sie sich, wieso Mathea so tut, als sei das hier ihr Heimspiel: Gebürtig stammt sie schließlich gar nicht aus Wien, mittlerweile lebt sie sogar in Berlin.

Allzu hart getroffen hat Mathea der Front aber nicht, wie sie uns im Interview nach dem Event erklärt. "Elif hat ausgepackt", gibt sie zu, aber ihr Herz gehöre immer noch Österreich. Auch Elif selbst sagt, der Diss habe sich einfach angeboten, aber "wenn ich du wäre", richtet sie sich an Mathea, "wär' ich auch nach Berlin gezogen". Schon allein aus Karrieregründen.

Aber wir greifen vorweg – noch sind wir schließlich mitten im SoundClash, bei dem die beiden sich einander nicht ganz so empathisch begegnen. Ein Faible für freche Diss-Lines scheint das Publikum trotz Battle-Aufmachung aber nicht zu haben, denn die zweite Runde geht an Mathea. Bis hierhin ist es ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Elif oder Mathea: Wer wird den Red Bull SoundClash gewinnen?

„The Clash“, so der Name der dritten Runde, ist aus musikalischer Sicht besonders spannend. Hier sollen die Künstlerinnen ihre eigenen Songs im Gewand neuer Genres performen. Im Falle von Mathea sind das Electronic Pop, Latin und Techno, wohingegen Elif mit Drill, EDM und sogenanntem Grand Diva Pop - man stelle sich das archetypische James Bond-Theme vor - aufwartet.

Die Highlights: Matheas Techno-Version ihres bis dato größten Hits "2x" und die Grand Diva-Performance von Elif, für die sie sich mit Alli Neumann ihre erste Support-Künstlerin auf die Bühne holt. Ihr EDM-Set beendet Elif übrigens mit einem Wurf ihrer flauschigen Ohrenschützer ins Publikum. Ein klassischer DJ Ötzi-Move, der an einen nicht unwesentlichen Teil des Events erinnert: die Outfits!

Davon gibt es in beiden Teams nämlich eine ganze Menge. Die farbliche Abstimmung und Abwechslung lässt wohl jegliche Capsule Wardrobe alt aussehen. Dass es hinter den Kulissen dafür ganz schön stressig zugehen muss, scheint dabei vorprogrammiert. "Bei mir hinten – es war richtig Halligalli", bestätigt uns Elif später mit Blick auf die Zeit zwischen den Runden.

Die dritte Runde kann Elif für sich entscheiden, womit sie kurz vor dem Finale in Führung geht. Bei "The Wildcard" werden Elif und Mathea allerdings eher in den Hintergrund geraten, denn hierbei geht es vor allem um die bis dato noch verbliebenen Support Acts beider Teams.

Mathea pflegt die österreichische Connection und performt zusammen mit Eli Preiss "(von hier bis) Tokio", auch badmómzjay schlägt sich auf die Seite des - wie soll es auch anders sein - roten Teams. Ein komplett neuer Song von Mathea und badmómzjay stellt sich dabei als ganz deutlicher Pluspunkt heraus.

Team Blau schickt die aufstrebende Sängerin Luna sowie Milano auf die Bühne. Letzterer hat kürzlich eine eigene Version von F-Raz' legendärem Herzschmerz-Song "Es tut mir doch so leid" releast – für Elif ist das ein Full Circle Moment. Milanos Auftritt leitet sie nicht umsonst mit einem älteren Video ein, in dem zu sehen ist, wie sie selbst eben jenen Ohrwurm zum Besten gibt. Für den Sieg reicht das allerdings nicht.

Und damit steht das Endergebnis: 2-2! Ein Unentschieden, bei dem es auch bleiben wird. Moderatorin Lola erklärt, dass dieses Ergebnis eine Signalwirkung hat. Beim ersten SoundClash, bei dem zwei Frauen gegeneinander antreten, sei es doch umso schöner, wenn sich beide den ersten Platz teilen können. Es gibt eben nicht immer nur eine. Mathea und Elif kommen beide auf die Mittelbühne zu ihr und performen einen exklusiven Song, der genau diese Message vermittelt:

"Es kann nur eine geben – das erzählen sie uns seit dem ersten Tag"

Blau-roter Konfettiregen setzt einen Punkt hinter das Battle, das zum Ende hin eine überraschend harmonische Wende nimmt. Zugegeben: Durch den vorab produzierten Song der beiden wirkt es etwas so, als wäre der Abend in jedem Fall auf ein Unentschieden hinausgelaufen, was die Publikumsentscheidungen (also das Hauptprinzip des Abends) etwas redundant erscheinen lässt. Der starken Message, die das Ende des Battles vermittelt, tut das allerdings keinen Abbruch.

Elif und Mathea verlassen das Spotlight, Anna Ullrich spielt für die Feierwütigen noch ein kleines After-Event-Set. Kaum von der Bühne runter lässt Mathea einen Schrei raus. Und zwar einen, den Frauen sonst nur "wenn sie gebären einfach so ablassen", erklärt sie uns auf humorvolle Art und Weise. "Ich hab mich in dem Moment selber gecringed, aber es musste einfach raus kaum verwunderlich, wenn man ein Event in dieser Größenordnung erfolgreich hinter sich gebracht hat.

Wie war der Red Bull SoundClash 2024 für Elif und Mathea?

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, treffen wir uns nach der Show mit den beiden zum Interview. Im berühmten Red Bull-Doppeldeckerbus empfangen uns Elif und Mathea, denen man direkt ansieht, wie gut sie sich gerade fühlen. "Gerade bin ich richtig on fire und einfach nur stolz auf uns", sagt Mathea, auch Elif ist "einfach richtig glücklich" und schaut "die ganze Zeit verliebt durch die Gegend".

Dabei schwingt auch eine gute Portion Erleichterung mit. Denn die letzte Zeit war extrem stressig für die beiden Künstlerinnen. "Heute war alles gut, ne? Aber die letzten Wochen.." lässt Elif erahnen, waren "...der Horror", ergänzt Mathea, für die die Vorbereitungsphase rückblickend sogar "eine der größten Challenges [ihres] Lebens" war:

"Ich bin eine Künstlerin - und ich weiß, du [Elif] bist auch so -, ich bin in jedem Thema im Detail drinnen. [...] Ich hab' gefühlt Produktionsleitung gemacht, weißt du? Das war das erste Mal für mich, so ein großes Event einfach zu machen. Und ich bin so dankbar für mein Team." [sic!]

Bei Elif habe sich irgendwann sogar der Körper gemeldet, so viel Stress hat sie verspürt. Durchgezogen hat sie trotzdem. Alles mit der Aussicht auf das anstehende Event.

"Ich wusste die ganze Zeit: Es ist ein Clash. Es ist der Red Bull SoundClash. Wenn du auf die Bühne gehst – man muss abliefern."

Mathea hat ihre Gegnerin in dieser Hinsicht auf keinen Fall unterschätzt. "Ich wusste, Elif wird das Krasseste rausholen, was geht. Und das hab' ich auch gemacht", erklärt sie. Gut fürs Publikum, da all die Vorbereitungen am vergangenen Samstag in einem spannenden Battle auf Augenhöhe gemündet sind.

Ganz ohnehin haben Live-Auftritte einen besonderen Platz in Elifs Herzen. Genau das seien die Momente, in denen "Musik machen am allermeisten Spaß macht" und man so richtig spürt, "dass man Künstler ist". Allzu oft wird Elif dieses Gefühl 2024 leider nicht mehr haben – ganz im Gegensatz zu Mathea, die im September durch Deutschland und Österreich tourt. Dafür gönnt sich Elif jetzt erstmal einen Urlaub. Auch schön.

Hier ein Rückblick auf den letzten Red Bull SoundClash in Deutschland:

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