In den USA gehören Rap und Tanz zusammen wie Pech und Schwefel: Ob in Musikvideos oder bei Konzerten – eigentlich sind amerikanische Rap-Artists nahezu immer gemeinsam mit Tänzerinnen und Tänzern zu sehen. Hierzulande sieht das gänzlich anders aus. Wie es um das Verhältnis von Rap und Tanz in Deutschland steht, weiß Vehbi Can Yesil: Erst kürzlich brachte er Hiphop-Tanz durch eine Kollaboration mit Kontra K auf die größten Bühnen Deutschlands.
Wieso Vehbi Can Yesils Kollabo mit Kontra K Türen für die deutsche Tanzszene geöffnet hat
Letzten Monat performten mehrere Tänzerinnen und Tänzer gemeinsam mit Kontra K bei seinen Shows in Berlin und Köln. Hinter diesen Choreografien steckt der internationale Tänzer, Choreograf und Movement Director Vehbi Can Yesil. Wir haben jetzt mit ihm über das Verhältnis von Deutschrap und Tanz gesprochen.
Zu der Zusammenarbeit mit Kontra K sei es dabei eher durch Zufall gekommen, wie Vehbi Can Yesil erzählt: In den Red Bull Music Studios sei ihm Kontras Track "Like Woo" gezeigt worden, der ihm sofort gefallen habe.
"Seine Musik verkörpert auf jeden Fall die gewisse Energie der Tanzart Krump."
Der Tanzstil Krump, auf welchen sich Vehbi Can Yesil spezialisiert hat, gilt als besonders energiereich, expressiv und auch offensiv.
Nur wenig später habe sich daraus sehr spontan die Kollaboration ergeben. Innerhalb von nur zweieinhalb Wochen hat Vehbi die Tänzerinnen und Tänzer an den Start gebracht, alles für die Auftritte organisiert und für die Krumpografien (Choreografie im Tanzstil Krump) gesorgt. Dabei ist es das erste Mal in Deutschland, dass alleinig Krump auf einer großen Bühne präsentiert wurde. Vehbi Can Yesil ist mehr als glücklich und stolz, diesen Meilenstein für die Hiphop-Tanzszene in Deutschland gelegt zu haben.
Die Reaktionen auf seine Choreografien bei den Kontra-K-Shows haben seine Erwartungen sogar übertroffen:
"Du hast es einfach geschafft, dass Leute, die eigentlich gar nicht viel mit Tanz zu tun haben, es verstanden haben."
Vergisst die Deutschrap-Szene Tanz als Element der Hiphop-Kultur?
Dass die Hiphop Culture aus mehr als nur Rap besteht, wird besonders in der Deutschrapszene des Öfteren vergessen. Neben MCing – heute auch als Rap bekannt – DJing und Graffiti gehört B-Boying (Breakdance) ebenso zu den Grundelementen der Culture, die ihren Ursprung allesamt in den Bronx in New York finden. Allerdings haben sich aus Breakdance heutzutage verschiedenste Hiphop-Tanzstile wie Whacking, Popping oder Krump entwickelt.
Hierzulande sind Rap und Tanz nicht so eng verbandelt wie in den USA, sondern koexistieren eher. Vehbi Can Yesils Meinung nach besteht das Problem aber nicht darin, dass sich die Deutschrapszene generell nicht für Tanz interessiert. Vielmehr läge die Ursache darin, dass Hiphop-Tanz durch die Komplexität nicht von Außenstehenden verstanden würde:
"Gerade, weil Tanz eine Kunst ist, muss man auch eine gewisse Sprache finden, dass die Deutschrapszene das auch versteht."
Daran müssten auch die Tänzerinnen und Tänzer arbeiten. Im Gegensatz zu den USA ist die Hiphop-Kultur mit ihren vier Elementen nicht in Deutschland entstanden, sondern eben hinübergeschwappt. Hierzulande haben sich die einzelnen Elemente eher getrennt voneinander entwickelt, statt als ein aus vielen Teilen bestehendes Ganzes. Hinsichtlich einer besseren Beziehung der Tanzszene und Rapszene in Deutschland ist aber auch seitens der Artists deutlich Luft nach oben, meint Vehbi Can Yesil:
"Meiner Meinung nach kannst du nicht nur ein Element [von Hiphop] beherrschen und den Rest ignorieren."
Zudem mangele es den Rapperinnen und Rappern oftmals auch an Eigeninitiative hinsichtlich der Kooperationen mit Tänzerinnen und Tänzern. Jedoch gibt es Vehbi Can Yesil nach auch Artists, die diesen Wandel aktuell vorantreiben:
"Man sieht Brücken, wie zum Beispiel die Kollaboration von badmómzjay mit der Tänzerin Luwam Russom oder Kontra K und mir."
Einblicke vom Training bis hin zur Performance bei Kontra Ks Tour könnt ihr euch hier reinziehen:
